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Donnerstag, 20. Oktober 2016

Das Kreuz des Försters Fridrich im Draußendorfer Wald




























Ich mag die alten Geschichten von Schmugglern und Wilddieben. Gerade jetzt, wenn es wochenlang trüb ist und es einen nicht raus treibt, macht es Spaß in den Büchern über die kleinen Denkmäler der hiesigen Wälder zu stöbern. Einer dieser steinernen Zeitzeugen ist das Kreuz des Försters Fridrich im Draußendorfer Wald, den die Einheimischen "Holá" nennen. Es liegt am roten Wanderweg von Oschitz (Osečná) zum Jeschken (Ještěd). Das Kreuz ist schlicht gehalten und trägt lediglich das Datum des Todestages, doch keine Inschrift des Verstorbenen. Hören wir was Marek Řeháček darüber zu berichten hat:
"Kann man sich den 12. März 1882 nach über einhundert Jahren überhaupt noch vorstellen? Der Holá-Wald ist ruhig, der überfrorene Schnee taut, der Fichtenwald lebt wieder auf. Vom Preußischen Kreuz her kommt ein Mann in der Uniform des Oberförsters des Fürsten Rohan. Es ist Vinzenz Fridrich, der vor kurzem seinen 49. Geburtstag feierte. Vielleicht betrachtete er unweit des Preußenkreuzes im Drausendorfer Wald einen Ameisenhaufen. Wer weiß? 
Hier enden die zumindest halbwegs verlässlichen Angaben. Alles weitere sind nur noch Sagen und Geschichten der Menschen von Podještědí, der Gegend hinter dem Jeschken. Den Sagen nach wurde später in der Stille des Waldes ein nackter, erhängter Mann gefunden - mit dem Kopf nach unten in einem Ameisenhaufen. Man wusste nicht einmal, um wen es sich handelte. Vielleicht deswegen finden wir keinen Namen am Gedenkkreuz. Gerade zu dieser Zeit wurde der Förster Fridrich vermisst, und so erzählte man in Hoření Paseky (Oberpassek), dass Wilddiebe den eifrigen Diener der Herrschaft im Ameisenhaufen erhängt hätten. 
Nach vielen Jahren vergaß man sowohl das alte Kreuz in den Wäldern, als auch Fridrichs Tod. Die Einheimischen ersannen noch eine andere Version, und zwar die eines Selbstmordes. Viel schöner, und aus der heutigen Sicht vielleicht auch romantischer, ist die Geschichte mit Wilddieben und Ameisenhaufen. Die heutigen Förster erzählten mir noch vor einiger Zeit, der Todesfall im Holá-Wald im verschneiten März sei ein absoluter Unsinn. Wer aber kann ihn heute widerlegen? Die ganze Wahrheit des finsteren Endes erfahren wir nur kaum noch. Und so erinnert das steinerne Kreuz, wie ein stummer Zeuge an die längst vergangenen Zeiten, an die Zeiten der Verfolgung von Wilddieben und an die Zeiten der Toten in den Wäldern. Wunderschöne, aber traurige Fürstenzeiten. 
Es gibt aber noch ein anderes Andenken an den sonst vergessenen Fridrich und gerade das überzeugte mich letztendlich, dass Fridrich wirklich der Tote im Holá-Wald im Jahre 1882 gewesen sein muss. Das Andenken ist ein Grabkreuz mit Namen, Rang und Daten, das sich rechts der Kirche in Světlá pod Ještědem befindet. Der Todestag stimmt bis aufs Haar mit beiden Kreuzen überein. Ich wundere mich, warum das Kreuz in Světlá pod Ještědem stehen blieb, wo der Friedhof doch vor vielen Jahren aufgelöst wurde. Zufall oder Absicht? Ein weiteres Geheimnis. Wie viele werden es noch werden, um das Fridrich-Gedenkkreuz. " 

aus "Über bemerkenswerte und geheimnisvolle Orte im Jeschkengebirge" - Marek Řeháček







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